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Blaues Buch, Zeichnungen 1999 – 2005
Die Heiterkeit des "Nichts"

Über und für Bodo Buhl

A-Expressiv – Das Subjekt verschwindet
Die Entstehung der Kunst der Moderne und die philosophische Entdeckung des Subjektes gehen, historisch betrachtet, Hand in Hand. Die Kunst wird in der Moderne aufs Engste mit dem Subjektstatus des Künstlers verbunden. Dementsprechend definiert sich das moderne Kunstwerk über den Auto und der Autor wiederum über das Werk. Die den Originalstatus bedingende, authentische „Handschrift“ und insbesondere die sich in der Moderne durchsetzende Signatur sind Resultat und Symptom dieser Verbindung.
Im 20. Jahrhundert brachte der Linguistic Turn und in seinem Gefolge der Strukturalismus die Ablösung der klassischen Subjektphilosophie. Der Strukturalismus sieht Sprache nicht mehr als ein Instrument des Autors, sondern den Autor als ein Instrument der Sprache. Dieses Zurückdrängen des Autorensubjektes kommt einer Schlachtung der Heiligen Kuh der Moderne gleich. Sie findet in der Kunst Entsprechungen, dezidiert im sprachphilosophisch orientierten Konzeptualismus, im Minimalismus, aber auch in der Pop Art. Mimesis und Expression, Symbolik und Narration negierend lässt der Minimalismus das auktoriale Künstlersubjekt zurücktreten und das Kunstwerk zu einem Ding unter Dingen werden. Die Pop Art rekurriert auf die bereits bestehende, transsubjektive Ikonologie der Waren- und Medienwelt.
Ein Ausgangspunkt für Bodo Buhls Arbeit ist die a-expressive Haltung, die sich, so gegensätzlich die beiden Kunstrichtungen vordergründig sind, in Minimalismus und Pop Art abzeichnet. In Buhls Arbeit finden sich Pop-Elemente, mehr noch knüpft er an den Minimalismus an, wobei er, durchaus im Gegensatz zum minimalistischen Purismus, im Zeichen der postmodernistisch geprägten Stimmung der achtziger Jahre ikonisches und Semantisches ins Spiel bringt.
Buhl gehört zu jener Generation von Künstlern, die Anfang der achtziger Jahre die Bühne der Öffentlichkeit betritt, zu einer Generation also, die dem Kritizismus der sechziger Jahre durchaus noch nahe steht, die aber auch das Scheitern der Studentenrevolte registriert und wahrnimmt wie Künstler, die zuvor noch vollmundig das Ende der Kunst propagiert hatten, an die Staffeleien zurückkehren. Wie die anderen Künstler des „Münchner Aufbruchs“ (u.a. Merz, Förg, Horndash) setzt er anstelle des Kritizismus die hyperaffirmative Positivität, anstelle des politischen Engagements Schönheit und Oberfläche, anstelle von emotionaler Erhitzung Coolness, anstelle des Subjektbezuges den Architekturbezug.
Die architektonisch infizierten Skulpturen Buhls greifen die Sprache der Moderne auf. Mit ihrer glatten Oberfläche und aggressiven Eleganz treiben sie die tradierte Moderne noch einmal „futuristisch“ auf die Spitze und nähern sich dabei dem Design, ein Design, das ohne Funktion und nichts als Oberfläche ist. So wie in der theoretischen Auseinandersetzung (siehe Serge Guilbauts „Reconstructing Modernism“) die Bilder Pollocks als Hintergrund für Modefotografie rezipiert werden, so verwandelt sich hier der essentialistische Anspruch der Moderne in den reinen Schein der glatten Oberflächen. Sie wiederum erweist sich als rhetorische Geste und rhetorische Leerformel, die nun durchaus der Selbstbehauptung im Machtzusammenhang dient. In diesem Sinne konfrontiert Buhl seine Skulpturen der glatten Eleganz mit vergrößerten Magazinfotos von Managern und Architekten. In einem Gespräch stellt er fest, was ihn daran reizt: „Das Moment der Manipulation etwa, womit diese harten Burschen ganz bewusst bestimmte Posen des Sinnenden, Überlegenen einnehmen. Die Fotos suggerieren manchmal eine Behauptung mit solch gekonnter Verlogenheit, dass sie letztlich ehrlicher wirken als viele Kunstwerke“. Ironisch unterminiert Buhl das Fiktive durch das Reale, wobei sich das Korrektiv selbst als Fiktion erweist.

Logik der Zeichnung
Seit Ende der neunziger Jahre konzentriert sich Bodo Buhl auf das Zeichnen. Es entstehen hunderte von Kugelschreiber- und Tintenstiftzeichnungen im DINA-3-Format. Die Hinwendung zur Zeichnung folgt konsequent dem Prozess der Reduktion, der sich bereits Anfang der neunziger Jahre in seiner Arbeit ablesen lässt: In den achtziger Jahren platziert er große Skulpturen im Raum. In den neunziger Jahren präsentiert er vielteilige Kleinskulpturen in Vitrinen auf Sockeln.
Mit seinen Zeichnungen vollzieht Buhl den Schritt vom Raum in die Fläche. Im Gegensatz zu anderen dreidimensional arbeitenden Künstlern, denen Zeichnungen häufig als Skizze oder Entwurf dienen, behandelt Buhl die Zeichnung gemäß der in der Fläche angelegten Logik, fern von räumlichen Illusionismen, als eigenständiges Medium. Im Gegensatz zu Künstlern, die sich von der möglichen Unmittelbarkeit des Zeichnens mit der Hand und der latenten Intimität des Zeichnens zu emotional-expressiven Ansatz treu. Selbst dann, wenn sich der Duktus seiner Zeichnungen dem Gekritzel und der ècriture automatique nähert, geht es nicht um das Vordringen in das eigene Unbewusstsein, sondern um die Vorführung möglicher Dimensionen des Zeichnerischen.
Buhls Zeichnungen schließen sowohl Konstruktives, als auch Gestisches und Mimetisches mit ein. Angesichts der Heterogenität der Zeichnungen läge es nahe, von verschiedenen Stilen zu sprechen, verfehlte die Rede vom Stil nicht den Ansatz der Zeichnungen. Stil ist eine Art „facon de parler“. Bei Buhl gibt es keine Trennung zwischen der Form und dem Gesagten. Die Heterogenität und Differenz der Zeichnungen sollte nicht über ihren gemeinsamen Ausgangspunkt hinwegtäuschen. Das Heterogene hat hier Methode und entwächst dem Grund, der permanenten Ausdifferenzierung und latenten ironischen Unterminierung. Wie die Skulpturen repetieren die Zeichnungen das Formenvokabular, das in der Moderne erarbeitet wurde und sich im Minimalismus mit seiner Subjektnegation bereits ins Postmoderne wendete. Buhl überschreitet den konstruktivistisch verankerten Minimalismus und überträgt das Moment der minimalistischen Entleerung auch auf das Gestische und das sich spielerisch einstellende Mimetische.
Die Zeichnungen entwerfen in ihrer Heterogenität eine Abfolge von möglichen Sprachen. Sie bewegen sich immer auch auf einer Metaebene mit gleichsam systematischem Charakter. Das heißt, Buhl geht es nicht nur um, bildlich gesprochen, einzelne Sätze, sondern immer auch um die von ihm konstruierte Grammatik. Das Grundvokabular seiner Zeichnungen besteht aus Linie und Punkt, Rechteck und Kreis, erweitert um Kurven, gestische Kürzel und Ikons. Seine Grammatik, die Anordnung der elementaren Formen, folgt häufig strengen Regeln, wie etwa: Fülle das Blatt mit vertikalen schwarzen Linien. Fülle das Blatt mit vertikalen farbigen Linien. Erzeuge durch die serielle Addition vertikaler Linien auf dem Blatt eine Fläche. Erzeuge eine Fläche mit Hilfe horizontaler Linien. Produziere durch die Überlagerung horizontaler und vertikaler Linien Gitterstrukturen. Verteile Punkte über die Fläche. Verteile die mit Hilfe eines Kurvenlineals erzeugten Formen frei über das Blatt.
Jede dieser Grammatiken lässt eine unendliche Anzahl von Zeichnungen zu. Buhl beschränkt sich auf die Formulierung einer durchaus beschränkten Reihe von Sätzen, um sich dann bald einer neuen Grammatik zuzuwenden. Dabei kommt der Ausdifferenzierung der einzelnen Elemente im Rahmen der Grammatik eine entscheidende Funktion zu. Sie lässt an den Konzeptualismus denken, wenn etwa die Idee „Punkt“ die unterschiedlichsten Realisierungsformen findet und jeder Punkt anders ist.
Die Ausdifferenzierung des Vokabulars und der Wechsel der Grammatik unterminieren den Absolutheitsanspruch, den jede funktionierende Grammatik in sich trägt. Die unterminierende Relativierung eines Bildsystems setzt Buhl dadurch fort, dass er verschiedene Bildsysteme in einer Zeichnung aufeinander prallen lässt. Wie Rosalind Krauss herauskristallisiert hat, gehört das Gitter in der Kunst des 20. Jahrhunderts zu den elementaren Bildstrukturen. Buhl zeichnet Gitter freihändig und bringt damit Gestisches in die strenge Geometrie. Er addiert die beiden „Sprachen“ Gitter und Punktverteilungen zu einer Zeichnung. Er überlagert freihändig gezeichnete Vertikale mit den bereits erwähnten horizontalen und vertikalen Linienflächen. Er kombiniert freischwingende Kurven mit dem schwarzen Quadrat. Er überlagert freihändig gezeichnete Kurven zu einer Art organisch verzerrtem Gitter und füllt die so entstehenden Binnenflächen partiell farbig aus, so dass ein organisch deformierter Mondrian respektive postmodernes Mirò-Fragment entsteht.
Das freie Schwingen der Kurven folgt der Logik des Zufalls. Sie wird begleitet von hoher ästhetischer Sensibilität und Konzentration in der Ausführung der Zeichnungen. Man denke an die differenzierte Rhythmik der seriell angeordneten Vertikalen und die hohe Konzentration erfordernde Dichte der Linien. Das Spielerische, das die Zeichnungen begleitet, wird besonders deutlich, wenn sich die gestischen Kürzel in absonderliche, seriell angeordnete Tierchen verwandeln oder Punkte zu Sonnenbrillen werden, wenn dichte Kurven gleichermaßen an eine Stadtsilhouette oder ein EKG erinnern, oder wenn plötzlich ein Raumfahrer neben abstrakten Kreisen steht und ein weltkugelartiges Gebilde an einem Ständer wie einen Spiegel in der Hand hält.
Buhl, den eine Krankheit nun schon seit Jahren an den Rollstuhl fesselt und dessen Bewegungsspielraum zunehmend eingeschränkt wird – sicherlich auch ein Grund warum er sich von den Skulpturen ab und der Zeichnung zuwandte – hat mit seinen Zeichnungen ganz im Gegensatz zur schmerzhaften Tragik seines eigenen Zustandes zu einer spielerischen Leichtigkeit und konzentrierten Fülle gefunden, zu einer Ironie, die jeden hochfahrenden Gestus und sich spreizenden Duktus unterläuft. Dort, wo „Nichts“ als Bedrohung empfunden werden könnte, antwortet Bodo Buhl mit bewundernswerter Heiterkeit.

Heinz Schütz
Blaues Buch, Zeichnungen 1999 – 2005
2005